Jan Henrik Hellwege im Gespräch über die Hamburger Tafel
ThermaCare hat mit Jan Henrik Hellwege, Geschäftsführer der Hamburger Tafel, über seine Arbeit gesprochen.
ThermaCare hat mit Jan Henrik Hellwege, Geschäftsführer der Hamburger Tafel, über seine Arbeit gesprochen.
Menschliche Wärme bedeutet Mitgefühl. Anderen zu helfen und sich zu engagieren, ist eine wunderbare Art, Wärme zu schenken. Die Tafeln haben es sich zur Aufgabe gemacht, für Menschen in Armut da zu sein und sie mit Lebensmittelspenden zu unterstützen. Jan Henrik Hellwege, Geschäftsführer der Hamburger Tafel, spricht über aktuelle Herausforderungen und seine Vision für die Zukunft.
Die Hamburger Tafel sammelt Lebensmittelüberschüsse aus dem Einzelhandel, von Herstellern und aus der Industrie, und verteilt diese an über 60 soziale Einrichtungen in Hamburg. 30 große Lebensmittelausgabestellen werden durch uns mindestens einmal die Woche mit Lebensmitteln beliefert.
Pro Woche erreichen wir mit unseren Lebensmittelspenden ca. 40.000 Hamburger*innen. Über 100 t Lebensmittel bewegen wir pro Woche. Mit 15 Kühlfahrzeugen und bis zu 160 Abholungen am Tag bewegen wir viel für die Menschen in Hamburg und Umgebung.
Bei uns engagieren sich über 140 ehrenamtliche Helfer*innen. Sieben hauptamtliche Angestellte leiten die unterschiedlichen Bereiche: Lager, Fahrdienst und Verwaltung. Besonders zeichnet uns aus, dass wir durch unseren großen Standort in der Lage sind, auch kleinere Tafeln aus der Umgebung zu unterstützen. Wir sind damit quasi ein Tafellogistikzentrum.
Das Angebot der Tafel richtet sich an alle Menschen in finanziell schwachen Situationen. Über 350.000 Menschen gelten in Hamburg als arm oder von Armut bedroht. Somit sind wir nicht in der Lage allen Menschen, die betroffen sind, auch helfen zu können. In den Ausgabestellen wird geprüft ob der Gast Arbeitslosengeld, Hartz IV, Grundsicherung, oder andere Sozialleistungen empfängt; Die sogenannte Bedürftigkeitsprüfung.
Obdachlose Menschen bekommen davon unabhängig Hilfe. Das Angebot wird vor allem von einkommensschwachen Familien, Menschen in Altersarmut und zurzeit auch von Kriegsflüchtlingen wahrgenommen.
In Hamburg besteht die größte Herausforderung darin, dass die Bedürftigkeit aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten sprunghaft angestiegen ist. Die Menge der gespendeten Lebensmittel nimmt deutlich ab. Im Gespräch mit dem Dachverband ergibt sich, dass dies eine Entwicklung ist, die sich in vielen Teilen der Bundesrepublik zeigt.
Die im letzten halben Jahr deutlich spürbare Verteuerung der Lebenshaltungskosten ist die größte Sorge unserer Gäste. In den Ausgabestellen bemerken die Gäste auch, dass nicht mehr ohne weiteres jedem Menschen geholfen werden kann. Kriegsangst, fehlendes Vertrauen in die Politik und Sorgen vor den Auswirkungen des Klimawandels werden geäußert.
Im Grunde haben die Menschen vor allem die Sorge, dass auch wir als Tafel nicht mehr genug Lebensmittel zur Verfügung stellen können.
Jan Henrik Hellwege, Geschäftsführer der Hamburger Tafel
Von der Politik erhoffen wir uns, dass sie einen Weg findet, die Anzahl an bedürftigen Menschen in unserer Stadt zu reduzieren. Unser Traum ist es, dass die Arbeit der Hamburger Tafel nicht mehr benötigt wird.
Die Hamburger Tafel steht auf drei Säulen, die im Grunde gleich wichtig sind: die freiwilligen Helfer, die ihre Zeit spenden, Unterstützer, die uns finanziell helfen, und die Lebensmittelspenden des Einzelhandels, der Hersteller und der Industrie – Eine Spendenaktion, wie ThermaCare sie gestartet hat, ist auch sehr hilfreich.
Wenn Sie als Einzelperson keine Zeit spenden können, werden Sie am besten Fördermitglied bei der Hamburger Tafel und unterstützen uns finanziell mit einem regelmäßigen Beitrag. So bekommen wir finanzielle Planungssicherheit und können sicherstellen, auch in Zukunft für Menschen in Not da zu sein.
Ich engagiere mich mittlerweile seit zwölf Jahren bei der Hamburger Tafel. Das habe ich damals aus einem Bauchgefühl heraus entschieden. Nach drei Jahren ehrenamtlicher Arbeit wurde ich als hauptamtlicher Fahrdienstleiter eingestellt. Mittlerweile bin ich seit drei Jahren als Geschäftsführer des Vereins tätig. Ich empfinde es als hohes Privileg, einer so sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen zu dürfen.
Es ist sehr frustrierend, Menschen, die Hilfe benötigen, abweisen zu müssen. Gerade im letzten Jahr, wo die Bedürftigkeit in Hamburg so sprunghaft angestiegen ist, bin ich auch an meine persönlichen Grenzen gekommen.
Es ist wichtig, in solchen Momenten seinen Blick auch auf die Menschen zu richten, denen man helfen kann. Das schönste aber ist, in einem so großen Team aus fast ausschließlich freiwilligen Helfern arbeiten zu dürfen. Jeder gibt, was er kann. Gemeinsam sind wir hier alle irgendwie mehr als die Summe aller Teilchen.
Jan Henrik Hellwege, Geschäftsführer der Hamburger Tafel
Definitiv ist es keine einfache Aussage, jemand Fremdem oder der eigenen Familie zu offenbaren, dass man selbst zur Tafel geht. In einer eher leistungsorientierten Gesellschaft haben die betroffenen Personen oft das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Der Satz: ‚Armut hat keine Lobby‘ trifft hier leider zu.
Wärme ist für mich Empathie. Wärme gibt Zuversicht. Wenn Menschen ihr Handeln nicht nur nach den eigenen Interessen gestalten, sondern in ihrem Handeln auch für andere da sind, dann ist das Wärme für mich.